Seit Beginn der Corona-Einschränkungen Mitte März wurde im Busverkehr in ganz Deutschland die vordere Tür gesperrt und der Ticketverkauf durch den Fahrer eingestellt. Dies war ein notwendiger Schritt zum Schutz des Fahrpersonals und der Fahrgäste und als Maßnahme in den Pandemieplänen der Verkehrsunternehmen vorgesehen. Nachdem inzwischen in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens Lockerungen umgesetzt wurden, soll auch im Omnibusverkehr wieder etwas Normalität einkehren.
Daher sollen nach und nach alle Busse mit Trennscheiben im Fahrerbereich ausgestattet werden. Der erste Bus mit einer solchen Trennscheibe im VVS ist heute der Öffentlichkeit vorgestellt worden.
Innerhalb der nächsten Wochen sollen möglichst alle 1.500 Busse der rund 40 Verkehrsunternehmen im VVS mit Trennscheiben ausgestattet werden. Die Trennscheiben dienen dem Gesundheitsschutz von Busfahrer und Fahrgästen. Damit soll der Vordereinstieg beim Bus wieder ermöglicht werden. Außerdem können auch die derzeit gesperrten vorderen Sitzplätze besetzt werden. Und schließlich ist dann auch wieder der Verkauf von Tickets durch die Busfahrer möglich.
Der Verkauf von Tickets ist für die Busunternehmen ein wichtiger Aspekt zur Einnahmesicherung. Durch den Rückgang der Fahrgastzahlen um rund 80 Prozent sind auch die Einnahmen im VVS eingebrochen. Inzwischen nimmt die Nachfrage wieder etwas zu, liegt aber immer noch weit unter dem Normalwert „vor Corona“. Für die Verkehrsunternehmen im VVS, insbesondere die privaten mittelständischen Busunternehmen, stellt dies eine hohe finanzielle Belastung dar. Trotz der drastischen Umsatzeinbußen fahren die regionalen Busunternehmen seit 4. Mai wieder den kompletten Fahrplan. Dadurch stellen sie sicher, dass beim Hochfahren des öffentlichen Lebens genug Platz in den Fahrzeugen zur Verfügung steht.
Für den Einbau der Trennscheiben hat sich in der Region Stuttgart vor allem das Unternehmen Schlienz Tours aus Kernen im Remstal stark gemacht. Schlienz Tours gehört zu den größten und leistungsfähigsten mittelständischen Busunternehmen im VVS. Geschäftsführer Erhardt Kiesel von Schlienz Tours hat zahlreiche Gespräche zur Genehmigung mit dem TÜV stellvertretend für die Busunternehmen geführt.
„Es war eine große Herausforderung, eine Trennscheibe zu entwickeln, die eine dauerhafte Zulassung bekommt“, teilte Erhardt Kiesel mit. „Der Bus ist das sensibelste Gefährt im Zulassungsbereich. Eigentlich dürfen zum Schutz des Busfahrers und damit auch der Fahrgäste gar nichts angebaut werden.“ Die Trennscheibe dürfe die Sicht des Busfahrers nicht behindern. Er müsse zum Beispiel uneingeschränkten Blick auf Kinder oder Gegenstände am Straßenrand haben. „Es ist ein ganz spezielles Material gefragt. Plexiglas scheidet aufgrund von Spiegelungen und anderen optischen Eigenschaften, Kratzempfindlichkeit und Haltbarkeit aus. Der Prototyp ist nun aus teurerem Sicherheitsglas, wie es auch in Auto-Windschutzscheiben verwendet wird. Das vibriert nicht so stark und ist auch sehr gut zu reinigen“, erklärt Kiesel. Das Glas muss zusätzlich noch auf beiden Seiten entspiegelt werden. Der Prototyp ist für Busse des Typs „Citaro“ von Mercedes-Benz geeignet, die rund die Hälfte der Busse im Linienverkehr im Land ausmachen. Anbauteile für andere Bustypen werden entwickelt.
„Unsere wichtigste Aufgabe ist derzeit, dass die Bürgerinnen und Bürger wieder Vertrauen gewinnen und in unsere Fahrzeuge zurückkehren. Unsere Busse und Bahnen sind keine Virenschleudern. Dies haben auch aktuelle Studien zur Verbreitung des Coronavirus gezeigt“, betonte VVS-Geschäftsführer Horst Stammler. Er verweist darauf, die Verkehrsunternehmen im VVS sehr verantwortungsvoll mit den notwendigen Schutz- und Hygienemaßnahmen im ÖPNV umgehen. Der Einbau der Trennwände sei ein Beispiel, meint der VVS-Geschäftsführer.
Die Trennwände würden in den nächsten Wochen nach und nach eingebaut. Bis alle Busse damit ausgestattet seien, würde es allerdings noch einige Zeit dauern. Dies läge an den unterschiedlichen Bustypen und den langen Lieferzeiten für die Trennwände, infomierte Stammler. Gleichzeitig dankte er den Busunternehmen für ihr uneingeschränktes Engagement.
Dort, wo der Ticketkauf beim Busfahrer noch nicht möglich ist, sollen Fahrgäste ihr Ticket an den Automaten oder in den Vorverkaufsstellen kaufen. „Am besten ist, wenn die Fahrgäste ihr Ticket per Handy kaufen. Das geht am schnellsten, man braucht kein Bargeld und beim Einzelticket spart der Kunde auch noch Geld“, so Stammler. (uli)